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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Olching

Wann man Einsicht in das Grundbuch bekommt – und wann nicht

 

Wer Eigentümer einer Immobilie ist, hat jederzeit einen Anspruch auf Einsicht in das Grundbuch hinsichtlich seiner Immobilie. Wann aber hat jemand, der nicht Eigentümer der Immobilie ist, ein Einsichtsrecht?

 

Zukünftige Erben verspüren bisweilen schon zu Lebzeiten des Erblassers das Bedürfnis, Einsicht in das Grundbuch zu nehmen, um herauszufinden, ob der Erblasser das Grundstück nicht vielleicht bereits zu Lebzeiten verkauft oder verschenkt hat.

 

Beispiel:

 

Max hat einen Sohn, Alfred, den er in seinem Testament zur Alleinerbin eingesetzt hat. In zweiter Ehe hat Max die 30 Jahre jüngere Brigitte geheiratet. Max ist Eigentümer eines Einfamilienhauses in München. Da der Kontakt zwischen Alfred und seinem Vater nach dessen Heirat immer schlechter geworden ist, würde Alfred gerne einen Blick in das Grundbuch werfen, um herauszufinden, ob sein Vater überhaupt noch Eigentümer der Immobilie ist oder ob er sie nicht vielleicht inzwischen an seine neue Ehefrau verschenkt hat.

 

Einsicht in das Grundbuch erhält, wer ein berechtigtes Interesse darlegen kann. Dieses besteht, wenn zur Überzeugung des Grundbuchamtes ein objektives Interesse dargelegt wird, wobei auch ein rein tatsächliches, insbesondere wirtschaftliches Interesse ausreichend ist. Bloße Neugier genügt hierfür allerdings nicht. Potentielle Erben haben daher grundsätzlich zu Lebzeiten des Erblassers kein Recht auf Einsicht in das Grundbuch.

 

Anders verhält es sich mit dem Pflichtteilsberechtigten nach Eintritt des Erbfalls:

 

Ein Pflichtteilsberechtigter hat ein erhebliches Interesse daran, zu erfahren, ob der Erbe ihm gegenüber sämtliche Immobilien, die sich im Nachlass befinden, vollständig und korrekt angegeben hat. Der Pflichtteilsberechtigte hat daher gegenüber dem Grundbuchamt ein berechtigtes Interesse auf Akteneinsicht. Dieses Recht erstreckt sich auch auf Grundstücke, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers verkauft oder in sonstiger Weise veräußert wurden.

 

Beispiel:

 

Nach dem Tod seines Vaters erfährt Alfred, dass Max sein Testament geändert und ihn enterbt hatte. Alleinerbe ist jetzt seine zweite Ehefrau. Als Alfred seinen Pflichtteil geltend macht, teilt ihm die Witwe mit, dass sich das Einfamilienhaus in München nicht mehr im Nachlass befindet, weil Max es bereits vor einigen Jahren verkauft hat.

 

Alfred hat nun ein Recht auf Akteneinsicht im Grundbuchamt. Das Einsichtsrecht erstreckt sich auch auf die Grundakte. Als Alfred diese studiert, findet er heraus, dass das Haus in München im Jahr 2014 zum Preis von 100.000 Euro an Brigitte, die Ehefrau von Max, verkauft worden ist. Da der tatsächliche Wert des Hauses bei 1.300.000 Euro lag, liegt eine teilweise Schenkung vor, so dass Alfred noch Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen Brigitte in Höhe von 300.000 Euro zustehen. Ohne die Grundbucheinsicht hätte Alfred hiervon niemals erfahren.

 

Tipp: Einigen Grundbuchämtern ist das Akteneinsichtsrecht des Pflichtteilsberechtigten nicht bekannt. Es empfiehlt sich also, entsprechende Anfragen immer mit einem Hinweis auf die Rechtslage zu versehen.

 

 

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Erbrecht / Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

 

Markus Sebastian Rainer

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Erbrecht / Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

 

 

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