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Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Olching

Wer nur das Testament liest,

freut sich manchmal zu früh!

 

Entscheidend für die Erbfolge und den Inhalt von Vermächtnissen ist nicht der bloße Wortlaut des Testaments, sondern ausschließlich der wahre Wille des Erblassers. Es kann Konstellationen geben, in denen der wahre Wille des Erblassers von dem Wortlaut des Testaments abweicht, wie das folgende Beispiel zeigt:

 

Otto Huber aus München ist verwitwet und hat einen einzigen Sohn, Thomas, zu dem er ein sehr gutes Verhältnis hat. Sein Vermögen besteht im wesentlichen aus seiner Eigentumswohnung in München im Wert von einer Million Euro und einem Girokonto, auf das seine Rente gezahlt wird und über das er seine täglichen Geldgeschäfte abwickelt. Das Konto weist im durchschnittlichen letzten Jahre stets einen Stand zwischen 10.000 € und 20.000 € auf.

 

Otto Huber verfasst folgendes Testament: „Ich, Otto Huber, setze meinen Sohn Thomas zum Alleinerben ein. Als Vermächtnis erhält der Tierschutzverein München das Geld auf meinem Girokonto.“

 

Am 3. August gewinnt Otto 2 Millionen Euro im Lotto. Der Betrag wird durch die Lottogesellschaft am 28. August auf sein Konto eingezahlt. Am 30. August verstirbt Otto plötzlich und unerwartet bei einem Verkehrsunfall.

 

Der Tierschutzverein beansprucht die zwei Millionen für sich mit dem Hinweis, dass ihm laut dem Testament als Vermächtnis das Geld auf dem Girokonto zusteht und sich die zwei Millionen auf dem Girokonto befinden.

 

Hier irrt der Tierschutzverein: Bei der Auslegung eines Testaments zählt nicht dessen Wortlaut, sondern man muss nach den Motiven des Erblassers fragen und dessen wahren Willen ermitteln.

 

Als Otto das Testament verfasste, befand sich auf dem Girokonto nur etwa ein Prozent seines gesamten Vermögens. Otto war also erkennbar von dem Willen getragen, fast sein gesamtes Vermögen seinem Sohn zuzuwenden und dem Tierschutzverein nur einen kleinen, eher symbolischen Betrag zukommen zu lassen.

 

Wenn der Tierschutzverein jetzt die zwei Millionen, die sich auf dem Girokonto befinden, erhalten würde, so würde er 66 % und somit einen Großteil des Vermögens von Otto erhalten. Dieses Ergebnis war offensichtlich von Otto nicht gewollt.

 

Das Testament ist daher so auszulegen, dass der Tierschutzverein lediglich den Betrag, der sich im Laufe der Jahre höchstens auf dem Girokonto befand, nämlich 20.000 €, erhält. Denn Rest der zwei Millionen sowie die Eigentumswohnung in München erhält Ottos Sohn Thomas.

 

 

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Erbrecht / Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

 

Markus Sebastian Rainer

Rechtsanwalt / Fachanwalt für Erbrecht / Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

 

 

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